Kinder und Jugendliche haben Rechte

“Früher wurden Kinder im allgemeinen als Eigentum ihrer Eltern angese­hen, mit Rechten, die irgendwo zwischen denen von Sklaven und denen von Tie­ren lagen …”1

Doch auch, wenn es sich zunächst dumm anhören mag: Kinder und Jugendliche sind zweifelsfrei auch Menschen. Dies habe ich bereits in den vorherigen Kapiteln immer wieder versucht, deutlich zu machen.

Es wäre also ungerecht, diese Menschen lediglich aufgrund einer Eigen­schaft zu benachteiligen, für die sie nichts können. Nicht nur Geschlecht, Hautfarbe, Behinderung und Staatsangehörigkeit sind solche Eigenschaf­ten, sondern auch das Alter eines Menschen.

Rechte zu haben bedeutet, daß man an einer Handlung nicht gehindert wer­den darf. Es heißt nicht, daß man die Handlung jemals bege­hen muß. Es bedeutet auch nicht, daß man körperlich und geistig dazu über­haupt fä­hig sein muß – geschweige denn ein bestimmtes Alter haben muß. Das Recht auf freie Meinungsäußerung beispiels­weise verpflich­tet niemanden, sich zu einer Thematik zu äußern. Es stellt nur klar, daß niemand daran gehindert werden darf.

Das Recht des Einen hört dort auf, wo das Recht des Anderen einge­schränkt wird. Mit anderen Worten: Man kann tun und lassen, was man will, solange man dadurch nicht die Rechte anderer verletzt.

Selbstbestim­mung und Selbstverwirklichung in persönlicher Hinsicht, die nur den Einzelnen betreffen und Mitbestimmung in Bereichen, die sowohl alle, als auch wiederum den Einzelnen betreffen. Dies sind die Grundprin­zipien von Freiheit, Demokratie und Mitmenschlichkeit.

Wie sieht dies nun aber hinsichtlich der Selbstbestimmung, der Selbstver­wirklichung, der Beteiligung und Mitbestimmung von Kindern und Jugendli­chen an sie betreffende Entscheidungen in unserer heutigen Gesellschaft wirklich aus?

Die gesetzlichen Grundlagen zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

Die gesetzlichen Grundlagen zur Beteiligung von Kindern und Jugendli­chen an Entscheidungen, die sie hinsichtlich ihres Wohnumfeldes (in Nie­dersachsen, bzw. Hannover) betref­fen, sind in Kürze zusammengefaßt fol­gende:

Bürgerliches Gesetzbuch, BGB §1: 2

  • “Die Rechtsfähigkeit des Men­schen be­ginnt mit der Vollendung der Geburt.”

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, GG: 3

  • Artikel 2, Abschnitt 1: “Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung sei­ner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt … .”
  • Artikel 2, Abschnitt 2: “Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Un­versehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.”
  • Artikel 2, Abschnitt 1: “Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.”

Die UN-Kinderrechtskonvention, Artikel 12, Absatz 1:4

  • “Die Vertragsstaa­ten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Mei­nung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind be­rührenden Angelegen­heiten frei zu äußern, und berück­sichtigen die Mei­nung des Kindes an­gemessen und entspre­chend seinem Alter und sei­ner Rei­fe.”
  • Artikel 13 besagt zudem, daß das Kind ein Recht auf freie Meinungsäu­ßerung hat.

Baugesetzbuch (BauGB) §1 Abs. 5 Satz 2 und 3:

  • “Die Bauleit­pläne sol­len eine nachhaltige städtebauli­che Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit ent­spre­chende sozialgerechte Bo­dennutzung gewährlei­sten und dazu beitragen, eine men­schenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebens­grundlagen zu schützen und zu entwic­keln. Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbeson­dere zu berück­sichtigen: … (2.) die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung bei Vermei­dung einseiti­ger Bevölkerungsstrukturen …, (3.) die sozialen und kulturel­len Be­dürfnisse der Bevölke­rung, insbesondere die Bedürf­nisse der Fami­lien, der jun­gen und alten Menschen und der Behinder­ten, … .”

Niedersächsische Gemeindeordnung (NGO) § 22e:

  • “Die Ge­meinde soll bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Ju­gendlichen berühren, diese in angemesse­ner Weise be­teiligen. Hierzu soll die Gemeinde über die in die­sem Gesetz vorgesehene Be­teiligung der Einwohner hinaus ge­eignete Verfahren entwickeln und durch­führen.”

Lokale Agenda 21:5

  • Obwohl die lokale Agenda 21 für die Stadt Hannover kein Gesetz im eigentlichen Sinne ist, so ist sie doch ei­ne Absichtserklärung der Stadt Hannover, mit dem Ziel, eine nachhalti­ge Entwicklung in der Kommune anzustreben. Sie soll auch “einen Überblick über die Ak­tivitäten der Stadt auf dem Weg zu einer lokalen Agenda vermitteln. Er­freulich ist, daß alle Be­reiche der Verwaltung daran mitarbeiten. Die Bestandsanaly­se ist gleichzeitig auch Grundlagenwerk für die weiterfüh­rende Arbeit im Agenda-Prozeß. Denn die Erarbeitung einer lokalen Agenda kann nur ein kontinuierlicher und dynamischer Prozeß sein, der auch in Hannover ständig weiterentwickelt werden muß.”6
  • So bringt die Bestandsaufnahme der lokalen Agenda in Kapitel 25 auch die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Entscheidungsprozes­sen auf kommunaler Ebene zum Ausdruck:”Die Stadt Hannover initiiert Beteiligungsprojekte für Kinder und Jugend­liche im Stadtgebiet. Kinder und Jugendliche werden an der Programm­planung in Einrichtungen der Kinder und Jugendarbeit aktiv begleitet. Sie bereiten verschiedene Angebote selbständig vor und führen sie durch. … (z. B. werden) Zukunftswerkstätten für Kinder zur Gestaltung von Spiel- und Wohnumfeld im Stadtteil Vahrenheide … durchgeführt. Zur Ver­wirklichung der Ideen aus den Werkstätten sind im Stadtent­wicklungsprogramm Vahrenheide Mittel vorgesehen.”7

Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII):8

  • §1, Absatz 1: “Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förde­rung sei­ner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenver­antwortlichen und ge­meinschaftsfähigen Persönlichkeit.”
  • §1, Absatz 3, Ziffer 1: “(Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere) junge Menschen in ihrer indivi­duellen und so­zialen Entwicklung fördern und dazu beitra­gen, Be­nachteiligungen zu ver­meiden oder abzubauen.”
  • §1, Absatz 3, Ziffer 4: “(Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere) dazu beitragen, positive Lebensbedingun­gen für junge Menschen und ihre Familien so­wie eine kinder- und famili­enfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu erschaf­fen.”
  • §8, Absatz 1: “Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Ent­wicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentli­chen Ju­gendhilfe zu beteiligen. … .”
  • §9, Ziffer 2: “(Bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfül­lung der Aufgaben sind) die wachsende Fähigkeit und das wachsen­de Be­dürfnis des Kindes oder Jugendlichen zu selb­ständigem, verantwor­tungsbewußtem Handeln … zu berück­sichtigen.”
  • §11, Absatz 1 besagt zudem, daß die Jugendhilfe an den Inter­essen ih­res “Klientel” anknüpfen und diese davon ausgehend mitgestalten und mitbe­stimmen lassen soll.

Anzumerken bleibt an dieser Stelle, daß diese Rechte leider nicht direkt von den Kin­dern und Jugendlichen einklagbar sind und daß es sich bei diesen Pa­ragraphen lediglich um “Soll-” und “Kann-”, nicht aber um “Muß-” Bestimmun­gen handelt.

Erwachsene (SozialarbeiterInnen/-pädago­gInnen und PlanerInnen) soll­ten – nein müssen – des­halb hier ei­ne Anwaltsfunktion über­nehmen, wie ich sie bereits hier zum Thema Kinderpolitik und Kinderfreundlichkeit beschrie­ben habe.

“Zum Wohl des Kindes”

Die UN-Kinderrechtskonvention, deren derzeitige 178 Vertragsstaaten (un­ter ihnen die Bundesrepublik Deutschland) “sich zum einen generell (dazu verpflich­ten), daß sie Kinderinteressen zum Maßstab ihrer Politik machen, und zum ande­ren konkret (dazu verpflichten), daß sie ihr inner­staatliches Recht den Vorga­ben der Konvention anpassen”9, be­steht zusammenge­faßt aus den folgenden vier großen Rechtsbereichen:10

  • Die survival rights, die Rechte, die das Überleben des Kindes sichern, wie die Rechte auf Nahrung, Wohnen, medizinische Versorgung;
  • Die development rights, die Rechte, die eine angemessene Entwicklung des Kindes garantieren, wie Erziehung, Spielen, Schule, Freiheit des Den­kens, des Gewissens und der Religion;
  • Die protection rights, die Rechte, die das Kind vor Ausbeutung, Miß­brauch und willkürlicher Trennung von der Familie schützen;
  • Die participation rights, die Rechte, die freie Meinungsäußerung und Mit­sprache in Dingen garantieren, die Kinder betreffen.

Wie weiter oben schon angedeutet, sind auch diese Kinderrechte leider nicht einklagbar. “Weder die Kinder, noch ihre Vertreter, noch die Staaten haben die Möglichkeit, im Konfliktfall gerichtliche Hilfe in Anspruch zu neh­men.”11

Die eigentlichen Adressaten der Konvention sind die Staaten selber, wel­che ihre Rechtsordnung im Sinne der oben be­schriebenen Rechtsbereiche ge­stalten sollen. “Somit hat das Kind bezie­hungsweise sein gesetzlicher Vertre­ter zwar keinen direkten, aus dem Übereinkommen ableitbaren Rechtsan­spruch auf irgendeine Leistung oder auf Schutz, aber sehr wohl ein einklag­bares Recht auf ein entsprechendes Gesetz in seinem Staat, das der Kon­vention genügen muß.”12

Doch schon die damalige deutsche Bundesregierung stellte bezüglich der Partizipationsrechte eindeutig klar: “Das Übereinkommen verfolgt – ob­gleich manche Bestimmungen auf den ersten Blick diesen Ein­druck vermit­teln könn­ten – nicht das Anliegen, Kinder und Jugendliche … zu emanzipie­ren und für den vom Übereinkommen erfaßten Regelungsbe­reich Erwach­senen gleichzu­stellen. Wäre dies der Fall, würden sich ernst­hafte Zweifel ergeben, ob das Übereinkommen mit dem Artikel 6 Abs. 2 GG (Grundge­setz) verfassungs­rechtlich als Grundrecht verbürgten Eltern­recht vereinbar wäre.”13

Ernsthafte Zweifel ergeben sich allerdings eher, “ob das emanzipatorische We­sen der Konvention nicht verstanden oder unterdrückt wurde.”14

Denn schon bei der Übersetzung des englischen Originaltextes wurde aus “the best interests of the child” einfach die Umformulierung “das Wohl des Kindes “.

Während das erstere “im besten Interesse des Kindes” meint und das Kind als Subjekt mit eigenen Interessen und Bedürfnissen interpretiert, ver­steht man unter Kindeswohl hingegen mehr “das Kind … als Objekt …, das es vor Ge­fährdungen aller Art zu schützen gilt. Es liegen ideologische Wel­ten zwischen der Betrachtung des Kindes als Rechtssubjekt mit eige­nem Wil­len oder als Objekt der Fürsorge.”15

Allerdings:
Mit dem Begriff des Kindeswohls, der auch in anderen deut­schen Geset­zestexten zu finden ist und die Sonderstellung von Kindern begründen und zum Ausdruck bringen soll, möchte man dem Sachverhalt Rechnung tra­gen, daß “die Kinder … für ihr Aufwachsen und Selbständig­werden phy­sisch und psychisch auf die Unterstützung der Erwachsenen angewiesen (sind).”16 Denn zu bedenken bleibt weiterhin, daß Kin­der und Jugendliche ein “Recht auf eine Entwicklungsphase haben, in der sie die Chance erhal­ten, ohne den Druck einer umfassenden Verantwor­tung für andere eigene Bedürfnisse und Fähigkeiten auszubilden.”17

“Rechte der Kinder müssen so beschaffen sein, daß sie die Subjektstel­lung der Kinder und die Bedingungen ihres Aufwachsens deutlich regeln. Dafür reicht es nicht aus, daß Kinder “nur” den Erwachsenen recht­lich gleichge­stellt werden.”18

Auf den Aspekt von Partizipation und Verantwortung an sich, möchte ich je­doch erst an anderer Stelle, in Zusammenhang mit entwicklungspsychologi­schen Aspekten, eingehen.

Zur Diskrepanz zwischen Rechtsstellung und Subjektstellung von Kindern und Jugendlichen im KJHG

Die Kinder- und Jugendhilfe soll also “dazu beitragen, posi­tive Lebensbe­dingungen für jun­ge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und famili­enfreundliche Umwelt zu erhalten und zu schaffen.”(KJHG §1)19 Die Bundes­regierung führt dazu weiter aus, daß die “Jugendhilfe … künftig noch stärker auf die Erfüllung aller öffentlichen Aufgaben Einfluß nehmen, die Lebenssi­tuation von Kin­dern, Jugendlichen und Eltern entscheidend beeinflus­sen (muß). Dies gilt in besonderer Weise für Entschei­dungen in der Stadtent­wicklung.”20

Weiter macht sie darauf aufmerksam, daß junge Menschen auch an die­sen Maßnahmen mitbestimmen, mitorganisieren, mitgestalten und somit auch mitver­antwortet werden können (§§11 und 12 KJHG). Ferner hat die Ju­gendhilfeplanung de­ren Bedürfnisse, Wünsche und Interessen mit ein­zubeziehen (§80 KJHG). Kinder und Jugendliche haben also Rechte, ih­re (wie auch im­mer ausgeleg­te) Umwelt mit zu gestalten.21

Dies steht zunächst einmal im Einklang mit den sieben Prüfsteinen zur Kin­derfreundlichkeit, wie ich sie bereits hier dargestellt habe, doch lei­der sind den Rechten der jungen Menschen auch Grenzen gesetzt. Denn im gleichen weiter oben angesprochenen Absatz22 betont die Bun­desregierung quasi, daß dieses Recht im Gegensatz dazu steht, daß das Recht und die Pflicht zur Erziehung ihrer Kinder bei den Eltern liegt, wobei die Kinder- und Jugendhilfe diesen lediglich unterstützend zur Seite ste­hen soll (§1 KJHG).

So muß ich an dieser Stelle also auf das “Manko” des vorrangi­gen Eltern­rechts und der damit wieder einmal verkoppelten Außerkraftsetzung der An­erkennung der Subjektstellung von Kindern und Jugendlichen einge­hen.

Schellhorn23 betont, daß trotz der Absicht zur Förderung junger Men­schen, in erster Linie die Eltern die Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe sind. Dies liegt schon im Grundgesetz in dem Artikel 6, Absatz 2 und 3 be­gründet, wel­cher untermauert, daß das Elternrecht besonderen verfas­sungsrechtlich be­gründeten Schutz genießt und deshalb unverletzlich und un­veräußerlich ist. “Wegen dieser zentralen Bedeutung wiederholt §1, Abs. 2 KJHG den Wort­laut des Art. 6, Abs. 2 GG. Unmittelbare Adressa­ten des KJHG sind deshalb – trotz des Zuschnitts auf die Förderung von Kin­dern und Jugendlichen – weit­gehend die Eltern.”24

Da man die eigentlichen Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe aus den oben genannten Gründen also nicht direkt erreichen kann, bleiben sie wei­terhin Betroffene statt Beteiligte, Objekte statt Subjekte. Von einer Re­spektierung der Persönlichkeit des Kindes und des Jugendli­chen kann deshalb (nicht nur meiner Meinung nach) nicht gesprochen wer­den.

So bemängeln auch Jordan und Sengling die Allzuständigkeit von El­tern für alle Erziehungsangelegenheiten ihrer Kinder und ergän­zen: “Auf­grund der zu­nehmenden Komplexität und Unübersichtlichkeit unserer Gesell­schaft, der hier struk­turell angelegten Konflikte und Benachteiligun­gen so­wie der grund­sätzlichen Wandlungsprozesse, die die Familie selbst er­fährt …, sind Famili­en heute je­doch weniger denn je allein imstande, jun­ge Men­schen umfas­send auf das Leben vorzubereiten.”25

Frädrich und Jerger-Bachmann26 sind der Meinung, daß das Kin­der- und Ju­gendhilfegesetz eigentlich Elternhilfegesetz heißen müßte. Denn aus den oben ge­nannten Punkten ergibt sich, daß “die Aufgaben der Jugend­hilfe pri­mär darauf ausge­richtet sind, die Eltern in der ihnen oblie­genden Erziehungs­verantwortung zu unterstützen und damit indirekt die Erzie­hungssituation von Kindern und Ju­gendlichen zu verbessern.”27 “Fak­tisch besteht so wei­terhin ein Objekt-Status von Kindern und Jugendlichen im Erziehungspro­zeß… .”28 Sie stellen ebenfalls heraus, daß junge Men­schen, obwohl §1 KJHG ihnen das Recht auf Förderung ihrer Entwicklung zubilligt, diese hieraus keine unmittelbaren Rechtsansprüche auf Leistun­gen ableiten kön­nen.

Bartscher vertritt dieselben oben genannten Meinungen, ergänzt aber auch, daß sich Beteiligungsrechte von Kindern vor allem aus dem KJHG §8 herlei­ten, “der ana­log zum Artikel 12 der Kinderrechtskonvention Anhö­rung und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in allen sie betreffen­den Fragen vor­schreibt. Allerdings bezieht sich dieser Paragraph explizit auf die Angele­genheiten der öffentlichen Jugendhilfe und Fragen der Er­ziehung und Ent­wicklung. So ist eine Beteiligung an allgemeineren politi­schen Fragen nur über den Kunstgriff auf §1 Abs. 3 möglich, der die Ju­gendhilfe beauftragt, sich für eine kinder- und familienfreundliche Umwelt einzusetzen. … Ein ein­klagbares Beteiligungsrecht ist daraus allerdings nicht ableitbar.”29

Frädrich und Jerger-Bachmann ergänzen wiederum Bartscher, wenn sie hin­sichtlich der bereits oben genannten Paragraphen klarstellen: ” … wenn man zum Paragraphen 8 den Paragraphen 1 dazunimmt, und sieht, daß die Ju­gendhilfe das umfassende Mandat hat, sich praktisch um alles zu küm­mern, was positive Lebensbedingungen für Kinder schafft, dann gilt entspre­chend, daß Kinder auch in all diesen Bereichen beteiligt werden müs­sen.”30

Schröder31 faßt zusammen, daß es also ganz offensichtlich nicht an recht­lichen Grundlagen für eine Partizipation von Kindern und Jugendlichen an Ent­scheidungen, die sie betreffen, mangelt. – Sie müssen lediglich noch umge­setzt werden.

Und, wie in diesem Kapitel zur Sozialisation in der heutigen Gesellschaft bereits angeführt, deklarieren die Autoren des Zehn­ten Kinder- und Jugendberichts hinsichtlich des Wohnumfeldes und der Ent­wicklung von Kindern und Jugendlichen letztendlich: “Wenn lebens­weltorientierte Jugendhilfe darauf abzielt, daß Menschen sich als Subjekte ihres eige­nen Lebens erfahren, ist Partizipation eines ihrer konstitutiven Momen­te.”32

Denn: “Wenn das politische System für die Kinder etwas Fernliegendes bleibt, auf das sie keinerlei Einflußmöglichkeiten haben, dann können Kin­der auch nicht lernen, vorhandene Handlungsmöglichkeiten auszunutzen und entspre­chende Fähigkeiten zu entwickeln.”33

  1. Flekkoy, zit. n. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 12; Vgl. Ulmann 1999
  2. Beck-Texte im dtv 1997
  3. Beck-Texte im dtv 1996
  4. Bundesministerium f ür Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1996
  5. Landeshauptstadt Hannover 2002
  6. Schmalstieg, Im Vorwort zur Agenda 21 der Landeshauptstadt Hannover 2002
  7. Landeshauptstadt Hannover 2002, Seite 58
  8. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1999
  9. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 21
  10. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 21
  11. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 23
  12. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 23
  13. Deutsche Bundesregierung, zit. n. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 23
  14. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 28
  15. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 27
  16. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1998, Seite 159
  17. Rauschenbach, zit. n. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1998, Seite 160
  18. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1998, Seite 159
  19. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1999
  20. Bundesregierung, zit. n. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 86
  21. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1999, Seite 27
  22. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1999, Seite 27
  23. Schellhorn 1996
  24. Schellhorn 1996, Seite 11
  25. Jordan / Sengling 2000, Seite 70 Diese komplexe Thematik in dieser Arbeit weiter zu bearbeiten, würde deren Rahmen allerdings bei weitem sprengen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle lediglich auf die (allseits bekannten) Autoren, wie z. B. Beck 1986, Rolff / Zimmermann 1997, Mansel 1995, Vester 2000 & Ferchhoff 1999 verweisen.
  26. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995
  27. Schellhorn 1996, Seite 11
  28. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 30
  29. Bartscher 1998, Seite 81
  30. Eichholz, zit. n. Frädrich / Jerger-Bachmann 1995, Seite 33
  31. Schröder 1995
  32. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend1999, Seite 159
  33. Bartscher 1998, Seite 82